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5. Zukunftsdialog

„Wir reden viel zu wenig über den CO2-Fußabdruck der IT-Branche“

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Auf dem Bild sind an den Seiten Köpfe von hinten zu sehen, der Fokus liegt in der Mitte auf einer vortragenden männlichen Person mit Präsentationsleinwand im Hintergrund. © Oliver Schaper​/​TU Dortmund
Yelle Lieder (GreenIT Lead, adesso) zum Thema Nachhaltige IT: „Da muss auch in den Hochschulen mehr passieren.“

Beim 5. Zukunftsdialog am 4. Juli war der Dortmunder IT-Dienstleister adesso SE zu Gast. Kristina Gerwert (Vorstand) und Yelle Lieder (GreenIT Lead) sprachen über die Handlungsfelder einer nachhaltigen Digitalisierung. Der Zukunftsdialog bietet Unternehmen aus der Region die Möglichkeit, aktuelle Zukunftsfragen aus ihrer Perspektive im Kontext der Universität zu beleuchten und in einen inhaltlichen Austausch mit Studierenden, Wissenschaftler*innen und Beschäftigten der TU Dortmund zu treten. Das Centrum für Entrepreneurship & Transfer (CET) organisiert die Veranstaltungsreihe.

Wer seinen CO2-Fußabdruck senken möchte, wird vermutlich versuchen, weniger zu fliegen, mehr pflanzliche sowie regionale Lebensmittel zu essen oder vielleicht auch nicht mehr so viel zu shoppen. An die Nutzung ihrer Smartphones, Laptops und Fernseher denken viele jedoch nicht. „Wir reden viel zu wenig über den CO2-Fußabdruck der IT-Branche“, sagte auch Yelle Lieder während seines Vortrags auf dem TU-Campus. Der IT-Bereich verursache weltweit vier Prozent der CO2-Emissionen, was jetzt schon mehr sei als der globale Flugverkehr, so Lieder. Die großen Rechenzentren, die das Internet möglich machen, aber auch die Nutzung von KI-Anwendungen, Virtual und Augmented Reality oder Technologien wie Blockchain benötigen viele Ressourcen.

Längst kein Nischenthema mehr

Das Thema „Green IT“ – also die ressourcenschonende Gestaltung von Informations- und Kommunikationstechnik – ist längst raus aus der Nische, auch die Bundesregierung hat eine Green-IT-Initiative gestartet. Nachhaltigkeit ist für Unternehmen zudem lukrativ, zum Beispiel durch Energieeinsparungen, aber auch, weil Kund*innen verstärkt darauf achten und die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien bei Ausschreibungen ausschlaggebend sein kann.

Was also kann ein IT- und Software-Unternehmen tun, um seinen Abdruck zu verringern? Ein erster Schritt sei, keine überkomplexen Lösungen anzubieten, sondern nur das, was Kund*innen bräuchten. Auch vermeintlich kleine Anpassungen könnten große Effekte haben, erklärte Lieder am Beispiel des Content-Management-Systems Wordpress, das weltweit von etwa einem Drittel aller Webseiten genutzt werde. Eine kleine Software-Änderung führte global zu einer Einsparung von 400 Tonnen CO2. Eine flexible IT-Architektur könne darüber hinaus energieeffizient gestaltet werden, beispielsweise, indem nicht zeitkritische Aufgaben wie Synchronisierung oder die Installation von Updates dann stattfinden, wenn gerade viel grüner Strom zur Verfügung steht.

Dilemma zwischen Effizienz und höherem Verbrauch

Die Branche stehe jedoch auch vor Dilemmas wie dem Rebound-Effekt. So sei der 5G-Mobilfunkstandard energieeffizienter als sein Vorgänger 4G und biete somit eigentlich ein großes Energie-Einsparpotenzial. Das 5G-Netz sei dadurch jedoch auch günstiger und schneller, weshalb es mehr Nutzer*innen gebe. Somit werde letztendlich mehr Energie verbraucht als eingespart.

„Die Lösung kann jedoch nicht sein, dass wir aufhören, zu digitalisieren“, fuhr Yelle Lieder fort. Denn Digitalisierung habe nicht nur einen Fußabdruck, sondern auch einen Handabdruck, also einen positiven Umwelteinfluss. Als Beispiel nannte er Digitale Zwillinge, also virtuelle Abbildungen eines Objekts oder eines Systems. Damit ließen sich unter anderem Medikamente ohne physische Prototypen entwickeln und optimieren, was den Materialverbrauch erheblich reduziere.

Im Anschluss an den Vortrag nutzten zahlreiche Interessierte, die zu der Veranstaltung ins Seminarraumgebäude gekommen waren, die Möglichkeit, sich aktiv an der Diskussion zu beteiligen und Fragen zu stellen. Auf die Frage, welchen Beitrag Hochschulen leisten könnten, antwortete Lieder, dass sich bislang nur eine Handvoll Hochschulen in Deutschland mit nachhaltiger Informatik beschäftigten. „Da muss auch in den Hochschulen mehr passieren. Es sollte nicht möglich sein, dass jemand einen Uni-Abschluss hat, ohne mit dem Thema Nachhaltigkeit in Berührung gekommen zu sein.“

Der gemeinsame Austausch wurde anschließend bei Essen und Getränken weiter fortgesetzt. Der nächste Zukunftsdialog wird im November stattfinden.

Auf dem Bild stehen drei Männer und eine Frau neben einem Banner der TU Dortmund mit der Aufschrift "Zukunftsdialog". © Oliver Schaper​/​TU Dortmund
Prof. Gerhard Schembecker, Prorektor Finanzen der TU Dortmund (2.v.r.), und CET-Geschäftsführer Dr. Ronald Kriedel (r.) begrüßten Yelle Lieder und Kristina Gerwert von adesso (v.l.) beim 5. Zukunftsdialog an der TU Dortmund.