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Spotlight Forschung: Prof. Susanne Prediger zu ihrer Tätigkeit für die Deutsche Forschungsgemeinschaft

„Die Arbeit im DFG-Fachkollegium hat sich wirklich gelohnt“

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Portrait von Prof. Susanne Prediger © privat
Prof. Susanne Prediger ist seit 2006 Professorin für Didaktik der Mathematik an der TU Dortmund.
Prof. Susanne Prediger erforscht an der Fakultät für Mathematik die Gelingensbedingungen für erfolgreiches Lernen im Mathematikunterricht. Vier Jahre lang war sie im Fachkollegium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) tätig, das in dieser Zeit in über 1.000 Fällen über die Bewilligung von Anträgen entschieden hat. Im Interview gibt sie einen Einblick in den Prozess der Begutachtung und nennt Tipps für die Antragstellung.

Frau Prof. Prediger, woran forschen Sie derzeit?

Unser Ziel in der Mathematikdidaktik ist es, Konzepte zu entwickeln, mit denen das Lehren und Lernen von Mathematik in der Schule wirklich nachhaltiger wird. Dazu erforschen wir zum Beispiel, wie Lehrkräfte besser geschult werden können oder welche Basiskompetenzen für ein nachhaltiges Mathematikverständnis besonders relevant sind. Spannend daran ist die Kombination von grundlegenden Einsichten in den Ablauf von Lernprozessen und der Möglichkeit, im Praxisfeld etwas zu bewegen: Wir arbeiten mit vielen Lehrkräften und Fortbildungsinstitutionen zusammen, um den Mathematikunterricht in seiner Qualität ganz konkret weiterzuentwickeln. Dazu braucht es aber auch die Grundlagenforschung: Welche Gelingensbedingungen und Lernwege müssen berücksichtigt werden? Und wie interagieren mathematisches und sprachliches Verständnis miteinander, etwa bei Textaufgaben oder beim Erklären mathematischer Konzepte? Zu diesen Fragen führen wir zahlreiche Studien durch, auch mit Förderung der DFG. 

Sie waren in der letzten Amtszeit vier Jahre als Fachkollegiatin für die DFG tätig – wie läuft eine typische Begutachtungssitzung ab?

Unser Fachkollegium setzt sich aus neun ausgewiesenen Forschenden zusammen, die jeweils unterschiedliche Expertisen zu verschiedenen Teilbereichen der Erziehungswissenschaften und Bildungsforschung mitbringen. Begutachtet wird in vier Sitzungen pro Jahr, mindestens eine davon auch in Präsenz – in jeder Sitzung werden etwa 60 bis 70 Anträge behandelt. Diese wurden vorher von zwei externen Gutachtenden eingeschätzt, und zwei Mitglieder des Fachkollegiums fungieren als Berichterstattende und stellen den jeweiligen Fall vor. Wenn beide vorliegenden Gutachten negativ sind, ist der Fall meist eindeutig, in allen anderen Fällen wird aber intensiv und gemeinsam geprüft: Sind Lob und Kritik der Gutachten angemessen, ausgewogen, sachlich richtig? Beziehen sich die Einwände auf Schwächen, die im Forschungsprozess noch ausgeräumt werden können? Sind die beantragten Mittel angemessen? Die schriftlichen Gutachten sind ganz unterschiedlich, etwa was die Ausführlichkeit und Strenge betrifft: Einige sind sehr großzügig, andere übersehen Aspekte und müssen eventuell ergänzt werden. Gerade weil Antragstellende ja die Gutachten auch erhalten, ist eine Einordnung aus Sicht des Fachkollegiums wichtig: Wir haben hier eine große Verantwortung, die zugrundeliegenden Qualitätsmaßstäbe immer wieder anzulegen und zu präzisieren. Und gleichzeitig war es eine tolle Gelegenheit, viele unterschiedliche Projektideen und Konzepte des eigenen Fachbereiches kennenzulernen. Diese Zeit hat sich wirklich gelohnt!

Welche Fehler machen Antragstellende Ihrer Erfahrung nach am häufigsten? Und wie blickt man als Fachkollegiatin auf Projektbeschreibungen?

Der häufigste Fehler liegt in einem zu wenig ausgearbeiteten Arbeitsprogramm. Alle Antragstellenden geben sich große Mühe mit dem Theorieteil, aber zu häufig bleibt zu unbestimmt, wie dann genau das Forschungsdesign und die Auswertungsmethoden geplant sind, und warum. Auch bei der Kohärenz zwischen Theorieteil, Erkenntnisinteresse und Forschungsmethoden gibt es häufig Schwächen, die dann letztlich zur Ablehnung führen. Ein Schlüssel für einen guten Antrag sind Vorarbeiten und Erfahrungen, auf die das neue Projekt aufbauen kann – dann fällt es auch nicht so schwer, das Arbeitsprogramm detailliert zu beschreiben und zu begründen. Allerdings: Auch erfahrene Antragstellende holen sich immer nochmal den Rat von anderen und lassen jemanden auf die Kohärenz der Argumentation schauen, das sollte man unbedingt vorher tun!

Sowohl als Gutachtende als auch Mitglied des Fachkollegiums sollte man vor allem in der Lage sein, nicht nur aus dem Blickwinkel der eigenen Forschung auf die Anträge zu schauen, sondern sehr unterschiedliche Forschungszugänge und Methodologien in ihrer eigenen Logik zu bewerten. Dafür ist eine möglichst konkrete und anschauliche Projektbeschreibung natürlich hilfreich. Ich habe in dieser Zeit wirklich viel gelernt, das lag auch an dem tollen Team des Fachkollegiums und der bereichernden Zusammenarbeit.

Zur Person:

  • 1990-1996 Studium des Höheren Lehramts in den Fächern Mathematik, Geschichte und Sozialkunde an der Technischen Hochschule Darmstadt
  • 1998 Promotion im Fach Mathematik, Technische Hochschule Darmstadt
  • 2002-2006 Juniorprofessorin für Didaktik der Mathematik in der Sekundarstufe, Universität Bremen
  • seit 2006 Professorin für Didaktik der Mathematik, TU Dortmund (seit 2021 mit halber Stelle)
  • 2014 Förderpreis Lehrerausbildung Ruhr für „Innovative Lehrkonzepte im Studiengang Master of Education“
  • 2017-2020 Vize-Direktorin des Deutschen Zentrums für Lehrerbildung Mathematik (DZLM)
  • 2019 Polytechnik-Preis (für das Unterrichts- & Fortbildungskonzept „Sprachbildung im Mathematikunterricht“)
  • seit 2021 Leiterin des DZLM an der Abteilung für Fachbezogenen Erkenntnistransfer des IPN - Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (Freigestellt ans IPN mit halber Stelle)

Weiterführende Informationen:

Förderberatung des Referats Forschungsförderung der TU Dortmund
DFG: Systematik der Fachkollegien


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