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Wirkstoffforschung

TU-Ausgründung rückt in den Fokus der Biotech-Szene

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Porträtfoto: Prof. Daniel Rauh © Daniel Rauh
Prof. Daniel Rauh ist Mitgründer von KyDo und Professor für Medizinische Chemie und Chemische Biologie an der TU Dortmund.
„KyDo Therapeutics“ ist eine Ausgründung der TU Dortmund und hat soeben eine erste Finanzierungsrunde in Höhe von 4,45 Millionen Euro abgeschlossen. Das junge Unternehmen entwickelt neuartige kovalent-allosterische Inhibitoren, die das Potenzial haben, als erste ihrer Art in der Krebsmedizin eingesetzt zu werden. Die wissenschaftlichen Wurzeln von KyDo liegen beim Lehrstuhl für Medizinische Chemie und Chemische Biologie von Prof. Daniel Rauh. Im Interview spricht er über die wissenschaftliche Innovation, den Weg zur Ausgründung und Dortmund als starken Standort für die Wirkstoffforschung.

Herr Rauh, welche wissenschaftliche Innovation steckt hinter KyDo und wie lautet die Vision, die das junge Unternehmen verfolgt?

Prof. Daniel Rauh: In meiner Arbeitsgruppe an der TU Dortmund haben wir das Konzept der sogenannten kovalent-allosterischen Inhibition entwickelt, das auf zwei Ebenen gleichzeitig wirkt: Unsere Wirkstoffe binden nicht nur an das fehlregulierte Zielprotein, sondern verändern zusätzlich dessen Struktur und Funktion. Dadurch lassen sich Resistenzmechanismen umgehen, die viele klassische Inhibitoren in der Onkologie unwirksam machen. Mit KyDo wollen wir diese Innovation aus der Grundlagenforschung nun in klinisch relevante Wirkstoffe überführen – also in Krebsmedikamente, die präziser angreifen, Nebenwirkungen verringern und neue therapeutische Kombinationen ermöglichen.

Wie genau kam es zur Gründung des Start-ups?

Zunächst haben wir unser Konzept in enger Zusammenarbeit mit dem Lead Discovery Center (LDC) Dortmund, dem Unternehmen Taros Chemicals und dem Leibniz-Institut für Arbeitsforschung (IfADo) weiterentwickelt. 2024 folgte dann die Ausgründung: Dazu haben wir – Dr. Jörn Weisner und Dr. Sven Brandherm aus meiner Arbeitsgruppe und ich – uns mit dem LDC zusammengetan. Die beiden haben an der TU Dortmund Chemische Biologie studiert und promoviert. Es begeistert mich sehr, dass junge Menschen, die wir hier ausbilden, sich trauen, den Weg in die Selbständigkeit zu gehen.

Foto: Dreidimensionale Struktur eines Proteins mit seinen Helices und Faltblättern sowie ein kleines Molekül, das in der Bindungstasche des Proteins sitzt. © Daniel Rauh
Die Grafik veranschaulicht, wie ein Wirkstoff an seine zelluläre Zielstruktur bindet.

Seitens der Universität begleiten und unterstützen wir sie dabei bestmöglich. Ich selbst bin seit 20 Jahren am Standort Dortmund im Bereich der frühen Wirkstoffforschung tätig und es ist mir besonders wichtig, dass irgendwann auch die Gesellschaft von unserer Arbeit profitiert. Von der Grundlagenforschung zum Medikament ist es ein sehr langer Weg, daher bin ich umso glücklicher, dass wir mit dieser Ausgründung einen weiteren wichtigen Schritt gemacht haben. Da KyDo sich nun auch das erste institutionelle Kapital sichern konnte, kann es jetzt in diesem Projekt richtig losgehen.

Welche Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit der TU Dortmund waren für die Ausgründung besonders prägend?

Unsere Ausgründung hat natürlich von der Unterstützung der Universität profitiert – durch das Centrum für Entrepreneurship & Transfer sowie auch durch TU capital. Der Venture Capital Seedfonds der TU Dortmund ist neben international renommierten Wagniskapitalfonds Teil der aktuellen Finanzierungsrunde, sodass die Uni nun auch als Investor an unserem Start-up beteiligt ist. Auch bei der Ausgestaltung der komplexen Lizenz- und Beteiligungsverträge wurden wir von der Universität und auch PROvendis eng begleitet. Diese Unterstützung war entscheidend, um den Technologietransfer rechts- und prozesssicher umzusetzen. Über die Jahre konnten wir an der TU Dortmund viel Erfahrung im Bereich der akademischen Ausgründung sammeln und die Abläufe gemeinsam mit unseren Partnern deutlich optimieren.

Warum bietet Dortmund ein vorteilhaftes Umfeld für KyDo?

Dortmund ist in den vergangenen Jahren zu einem starken Standort im Bereich der Wirkstoffforschung geworden: Neben LDC, Taros, dem Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie und dem IfADo zählen auch Netzwerke wie der Drug Discovery Hub Dortmund (DDHD) und das Zentrum für integrierte Wirkstoffforschung (ZIW) dazu. Wir arbeiten außerdem eng mit dem Westdeutschen Tumorzentrum am Universitätsklinikum Essen zusammen und sind gemeinsam mit der Universität Duisburg-Essen Teil des NRW-weiten Forschungsnetzwerks CANTAR, das sich der innovativen Wirkstoffforschung in der Onkologie widmet. Ein weiteres Beispiel ist das bundesweite Konsortium TACTIC, das von der Deutschen Krebshilfe gefördert wird und auf die Entwicklung neuartiger Tumortherapien zielt. Auch hier ist Dortmund mit starker Expertise vertreten.

Das ist ein sehr fruchtbares Umfeld für KyDo und wir haben in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass Start-ups im Bereich der gezielten Krebstherapien hier groß werden können – zuletzt mit der PearlRiver Bio GmbH, bei der ich ebenfalls Mitgründer war und die wir 2021 erfolgreich verkaufen konnten.

Mit ihrer Tochterfirma „TU capital“ hat die TU Dortmund 2021 einen weiteren wichtigen Baustein zur Gründungsförderung geschaffen. Mit einem Venture Capital Fonds werden direkte Ausgründungen oder Angründungen aus dem Umfeld der Universität angeschoben. Unterstützt wird die TU capital außerdem durch das Netzwerk und die Gründungsprogramme des Centrums für Entrepreneurship & Transfer (CET) der TU Dortmund. Gemeinsames Ziel ist es, die Zahl der erfolgreichen Gründungen am Standort Dortmund zu erhöhen. Auch Unternehmen oder private Investoren beteiligen sich als Kommanditisten am Investmentfonds, um Start-ups aus der eigenen Region zu fördern.