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Spotlight Forschung: Kerstin Guhlemann zu Verbundprojekten im Erasmus+-Programm

„Eine gute Idee allein macht noch keinen guten Antrag“

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Portrait image of a woman in front of a window, this woman is Kerstin Guhlemann. © Felix Schmale​/​TU Dortmund
Kerstin Guhlemann koordiniert den Forschungsbereich „Arbeitspolitik und Gesundheit“ der Sozialforschungsstelle Dortmund.
Kerstin Guhlemann untersucht an der Sozialforschungsstelle der Fakultät Sozialwissenschaften Fragen zum Bereich Arbeitspolitik und Gesundheit. Unter den fünf Drittmittelprojekten, die sie parallel betreut, finden sich auch Cooperation Partnerships des Erasmus+-Programms – internationale Bildungskooperationen mit engem Bezug zu Akteur*innen aus der Praxis. Im Interview spricht Kerstin Guhlemann über ihre Erfahrungen mit dem Programm und mögliche Hürden auf dem Weg zur erfolgreichen Antragstellung.

Frau Guhlemann, woran forschen Sie gerade?

Innerhalb meines Forschungsbereichs „Arbeitspolitik und Gesundheit“ sind die Themen fast immer von aktuellen Ereignissen geprägt, z.B. Arbeitsschutz in Coronazeiten, Konzepte der Arbeitsmarktintegration oder Digitalisierung im Handwerk. Besonders spannend finde ich derzeit die bestärkende Wirkung sozialkünstlerischer Methoden in den Themenbereichen Gesundheit und Integration. Dabei geht es zum Beispiel darum, mit Theatertraining Schlüsselkompetenzen wie Kommunikations- und Ausdrucksstärke zu fördern, die die Arbeitsmarktintegration von Jugendlichen erleichtern. Diese praxisbezogene Arbeit ist für alle Teilnehmer*innen bereichernd und gibt uns wichtige Impulse für unsere Forschung, zum Beispiel in der Erweiterung unserer eigenen Methoden. Für uns ist die enge Zusammenarbeit mit Akteur*innen aus der Praxis natürlich auch generell wichtig: Ohne zum Beispiel mal einen Tag lang einen Handwerker in seinem Alltag zu begleiten, kann ich seine Arbeitssituation nicht wirklich nachvollziehen. Und wenn ich das nicht kann, kann ich auch keine Handlungsempfehlungen für seine Arbeitsgestaltung geben, die nicht völlig an seinem Alltag vorbeigehen.

Wie findet man eigentlich passende Partner für so ein internationales Konsortium?

Das läuft ganz unterschiedlich. Für internationale Projekte wie Erasmus+ gibt es Webseiten, die einen bei der Partnersuche unterstützen, zum Beispiel Epale oder Netzwerke wie Ashoka. Natürlich ist dabei nicht garantiert, dass man jeweils auch strategisch gut zusammenpasst. Hilfreich ist in jedem Fall der Austausch mit Kolleg*innen, so konnten mir auch ein paar passende Kontakte vermittelt werden. Am besten funktionieren Konsortien in der Regel natürlich, wenn sich viele der Teilnehmer*innen vorher schon kennen. Wenn man mal erfolgreich ein Projekt zusammen durchgeführt hat, werden die Folgeanträge oft ein Selbstläufer, denn dann bilden sich neue Partnerschaften und passende Konstellationen fast von ganz alleine. Eines ist dabei aber ganz wichtig: Genügend Zeit einplanen! Selbst wenn alle motiviert sind und Lust haben zusammenzuarbeiten, braucht es eine frühzeitige Abstimmung, allein für die administrativen Prozesse. Wer muss wo welche Angaben machen? Wer braucht von wem welche Unterschrift? Je eher man sich um diese Fragen kümmert, desto besser.

Sie haben mehrere erfolgreiche Erasmus+-Anträge eingereicht – haben Sie Tipps für die Antragstellung?

Erasmus+-Anträge sind wirkliche Fleißarbeiten, die Dokumente sind umfangreich und die erforderlichen Angaben recht detailliert. Zudem sind auch bei geförderten Projekten noch finanzielle Eigenanteile notwendig. Daher passt das Format nur dann, wenn man europäische Kooperationen aufbauen will und langfristige strategische Ziele verfolgt. Ich hatte zwar zum Glück erfolgreiche Anträge von Kolleg*innen, an denen ich mich orientierten konnte, trotzdem musste ich viel Freizeit opfern – und als die erste Ablehnung kam, war ich natürlich enttäuscht. Man kann aber nicht damit rechnen, dass gleich der erste Antrag funktioniert. Positiv an Erasmus+ ist, dass man ausführliche Rückmeldungen der Gutachter*innen erhält, um den Antrag zu überarbeiten, das ist unheimlich wertvoll! Denn eine gute Idee alleine macht noch keinen guten Antrag und die Anforderungen unterscheiden sich je nach Fördergeber stark. Meinen ersten EU-Antrag habe ich zum Beispiel in zwölf Monaten viermal überarbeitet und neu eingereicht, bis die Zusage kam. Aber: Als es bei Erasmus+ schließlich mit der Wiedereinreichung geklappt hat, wurden auch meine zwei Folgeanträge gefördert. Ich glaube also schon, dass man das Schreiben von Anträgen durch Erfahrung und die Rückmeldungen zu den Gutachten lernen kann.


Zur Person:

  • 2007-2010 Studium der Soziologie und Medienwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum (RUB)
  • 2011-2015 wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Arbeitswissenschaft der RUB
  • seit 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsbereich „Arbeitspolitik und Gesundheit“ der Sozialforschungsstelle Dortmund
  • seit 2019 Koordination des Forschungsbereichs „Arbeitspolitik und Gesundheit“ der Sozialforschungsstelle Dortmund


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